Value Engineering – Wettbewerbsfähigkeit durch eine cross-funktionale Methode

Value Engineering

1. Neuentwickelte Geräte oder Komponenten erreichen die Zielkosten fast nie

Kommt euch das bekannt vor? Marketing und Vertrieb definieren Anforderungen an ein neues Produkt – und haben auch gleich einen angestrebten Marktpreis im Kopf. Klingt erstmal logisch, ist aber oft der Beginn eines Zielkonflikts: Denn der Startpunkt vieler Projekte ist das sogenannte „Target Costing“. Und das bringt seine ganz eigenen Tücken mit sich…

2. Target Costing: die klassische Methode und ihre Schwächen

Der Begriff Target Costing sagt es ganz direkt: Es geht darum, Zielkosten zu definieren – und zu erreichen. Doch wie? In der Praxis sieht es häufig so aus: Die Entwicklung bekommt vom Vertrieb die Anforderungen, sucht nach technischen Lösungen und versucht, sich innerhalb des Kostenrahmens zu bewegen.

Die Zielpreise für Zukaufteile werden dabei meist retrograd aus dem geplanten Verkaufspreis abgeleitet – häufig ohne realistische Marktperspektive. Die Folge: eine lange Wunschliste an Funktionen trifft auf ein viel zu knappes Budget.

Typischer Kommentar aus dem Team:
“Wir sollen einen Mercedes SL zum Preis eines Fiat Panda bauen.“

Die Entwicklung liefert, was technisch möglich ist. Der Einkauf kommt oft spät ins Spiel und soll’s dann „irgendwie hinkriegen“. Zu spät, denn zu diesem Zeitpunkt sind viele Weichen längst gestellt.

3. Value Engineering: Denken und entwickeln in Produkt-Funktionen

Value Engineering verfolgt einen anderen Ansatz: Statt rückwärts zu kalkulieren, beginnt man mit den Funktionen, also mit dem, was das Produkt tatsächlich leisten soll. Marketing und Vertrieb definieren gemeinsam mit dem Kunden, welche Funktionen gewünscht sind und welchen Wert sie haben.

Das cross-funktionale Team, bestehend aus Entwicklung, Einkauf, Qualität, Logistik, Produktion und oft auch Lieferanten, arbeitet von Anfang an gemeinsam daran, wie sich jede Funktion möglichst effizient umsetzen lässt.

Der Einkauf bringt sich gezielt ein:

a) Nutzung bestehender Standardkomponenten:
Welche funktional passenden Komponenten gibt es bereits am Markt? Vor allem Automotive-Teile sind oft in hoher Qualität und großen Stückzahlen verfügbar und damit kostengünstig.

Beispiel:
Ein Wärmetauscher sollte Flüssigkeit in einer bestimmten Zeit erhitzen. Statt auf eine Eigenentwicklung zu setzen, identifizierte der Einkauf ein bereits verfügbares Bauteil aus dem Automotive-Bereich – qualitativ hochwertig, sofort einsetzbar und deutlich günstiger.

b) Modifikation ähnlicher Komponenten:
Wenn keine 1:1 passende Komponente verfügbar ist, gibt es Varianten, die sich mit kleinen Anpassungen nutzen lassen?

Beispiel:
Ein Sensor zur Füllstandsmessung wurde benötigt. Komponenten aus dem Automobilbereich (Scheibenwischwasser) und aus Haushaltsgeräten (Kaffeemaschinen) waren ähnlich und mit Anpassungen einsatzfähig.

Das spart nicht nur Materialkosten, sondern auch Entwicklungszeit. Je mehr bestehende Lösungen übernommen werden können, desto schneller ist das Produkt am Markt und desto geringer ist der Aufwand für Tests, Freigaben und Tools.

c) Klare Qualitätsdefinition statt Overengineering:
Was braucht der Kunde wirklich? Und wofür ist er bereit zu zahlen? Die Spezifikationen werden im Team exakt definiert. Mehr als 100 % Qualität ergibt keinen Sinn, wenn sie keinen Mehrwert bringt.

Das Ergebnis: bis zu 20 % Kostensenkung – von Anfang an!

Durch Value Engineering entstehen Produkte, deren Herstellungskosten von Anfang an optimiert sind und nicht erst nachträglich durch teure Kostensenkungsworkshops oder Lieferantenwechsel. Letztere führen oft zu Einsparungen, die der Kunde teilweise für sich beansprucht.

4. Die Lösung für Wettbewerbsfähigkeit: Value Engineering implementieren

Value Engineering ist kein Tool – es ist eine Haltung. Wenn alle Beteiligten offen und gemeinsam denken, entstehen kreative, wirtschaftlich sinnvolle Lösungen. Besonders wirksam ist das, wenn der technische Einkauf früh Verantwortung übernimmt und das Projektteam strukturiert unterstützt.

Ob der Einkauf dabei die Projektleitung übernimmt, hängt ab vom Anteil der Zukaufteile und der nötigen Tiefe der Lieferantenintegration.

5. Unsere Empfehlung: Ein Pilotprojekt starten

Ihr habt ein Projekt, bei dem sich schon abzeichnet: „Die Zielkosten werden nicht erreicht“? Dann ist das die ideale Gelegenheit, ein Pilotprojekt im Value Engineering zu starten.

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Unterschrift Procurement Buddies

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Manfred ist Interim Manager, spezialisiert auf technischen Einkauf in der Industrie. Nach insgesamt 5 Jahren als Entwicklungsingenieur und Projektleiter folgten viele Jahren bei namhaften Firmen im Einkauf: in verschiedenen Funktionen und in mehreren Branchen. Aktuelle Themen sind Strategie und Transformation Einkauf, Verfügbarkeit und risk management, Lieferzeiten und natürlich immer Einkaufs- bzw. Herstellpreise. Manfred gründet und leitet gern cross-funktionale, bereichsübergreifende Teams für strategische Projekte, z.B. zum value engineering, design to cost, Wertschöpfungstiefe sowie zum Corporate Procurement.

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