I feel the need... the need for speed!
Wild und ungezähmt, das ist er Pete “Maverick” Mitchell gespielt von Tom Cruise in dem Film Top Gun. Legendär seine Aufritte, ohne Helm, mit Lederjacke und Sonnebrille auf dem Motorrad, wie er dem Sonnenuntergang hinterher reitet. Seine wilden Jagden im Kampfflieger und die flotten Sprüche seinen Kollegen und Vorgesetzen gegenüber.
Wer wäre Mitte der 80’er Jahr nicht gerne an seiner Stelle gewesen?
Nicht umsonst kommt der Begriff “Maverick” aus dem wilden Westen, von dem Cowboy, der sich, gegen die üblichen Konventionen, weigerte seine Rinder zu brandmarken.
Verständlich also, dass auch heute der ein oder andere gerne den lässigen Cowboy gibt. Aber so wie die “Marlboro-Men” der Vergangenheit angehören, so sollten sich auch die heutigen Cowboys in Unternehmen zum Wohle dieses an die gängigen Regeln halten.
Was ist Maverick Buying?
Maverick-Buying bezeichnet den Prozess, bei dem Abteilungen eigenmächtig Materialien oder Dienstleistungen bestellen, und hierbei die Einkaufsabteilung umgehen.
Dieses Vorgehen ist nicht nur in Hinblick auf den Mehrwert, den der Einkauf für ein Unternehmen mit sich bringt, schlecht. Auch in Bezug auf das Thema Compliance werden Maverick Einkäufe spätestens bei der nächsten Wirtschaftsprüfung angeprangert werden.
Darüber hinaus hat Maverick Buying noch weitere Nachteile:
- Unzureichend qualifizierte Lieferanten erhalten Aufträge: Wenn die Einkaufsabteilung nicht eingebunden wird, besteht die Gefahr, dass Aufträge an Lieferanten vergeben werden, die nicht den erforderlichen Qualitätsstandards entsprechen.
- Erschwerung der internen Prozesse: Ohne klare Bestelldaten wird die Warenannahme und Rechnungsprüfung zur Herausforderung.
- Keine Preisvergleiche aufgrund von fehlenden Angebotsvergleichen: Ohne den Einkauf werden oft Preisvergleiche vernachlässigt und wenig Verhandlungen geführt.
- Erhöhung der Lieferantenanzahl führt zu geringen Volumenbündelungen, was die Verhandlungsmacht senkt.
- Lieferantenskonti werden seltener in Anspruch genommen: Durch längere Prozesszeiten werden Vorteile wie Lieferantenskonti weniger genutzt.
- Gefahr für unzureichende Vertragsgestaltung: Beim Maverick Buying wird selten auf die Konditionen geachtet zu denen bestellt wird. Angebote werden inkl. der geltenden AGBs des Lieferanten einfach akzeptiert. Spätestens wenn etwas schief geht, dürfen wir als Einkäufer das Schlamassel wieder ausbügeln.
- Folgekosten durch umstrittene Garantie- und Gewährleistungen: Unklare Vereinbarungen führen zu zusätzlichen Kosten durch mögliche Garantie- und Gewährleistungsfälle.
Wodurch entsteht Maverick Buying?
Was aber veranlasst Anforderer sich in Wild-West-Manier zu verhalten?
- Fehlendes Vertrauen in die Einkaufsabteilung: Vertrauen ist die Grundlage einer guten Zusammenarbeit. Fehlt dieses Vertrauen, neigen Abteilungen dazu, eigene Wege zu gehen.
- Mangelnde Geschwindigkeit bei dringendem Bedarf: In der Hektik des Geschäftsalltags scheint der Einkauf manchmal zu langsam zu agieren. Dies führt zu eigenmächtigen Entscheidungen.
- Persönliche Präferenzen und Beziehungen zu anderen Herstellern: Manchmal spielen persönliche Vorlieben und Beziehungen eine zu große Rolle bei der Auswahl von Lieferanten. Speziell auf Häuptlingsebene lässt sich dies öfter beobachten.
- Fehlende Übersicht des Gesamtkontextes aka Abteilungsegoismus. Klassisches Beispiel hierfür ist die eigenmächtige Beschaffung z.B. von Headsets. Hier wird oft auf die bekannten Lieferanten gesetzt, weil die ja gut liefern und der Impact nicht so hoch ist. Schauen wir uns aber das große Bild an, kann es durchaus sein, dass wir hierbei anderweitig Synergieeffekte und dadurch Einsparungen verlieren. Ein weiteres Beispiel der fehlenden Gesamtübersicht ist der Bereich Travelmanagement; Wenn einzelne Reisen herausgepickt werden „die ja viel zu teuer sind“, ohne z.B. mögliche Kick-Backs oder Rahmenverträge zu berücksichtigen.
- Intransparente Prozesse: „Ach, wir haben ein Tool für die Bedarfsanforderung? Das wusste ich gar nicht, aber klasse, dass der Einkauf hier unterstützt, das nehme ich gerne an!“. Es gibt auch Unternehmen, in denen sich der Einkauf nach wie vor zu schlecht selbst vermarktet.
Wie vermeiden wir Maverick Buying? – 4 Tipps, um mehr Compliance zu erreichen
Was müssen wir im Einkauf tun, um mehr Einkaufsvolumen unter unsere Kontrolle zu bekommen?
1. Klare Regeln
Die Einführung klarer Regeln und Strukturen bezüglich des Einkaufs ist unerlässlich. Eine für alle Mitarbeiter verbindliche, geschulte und einfach auffindbare Einkaufsrichtlinie schafft Transparenz über die Regeln und lässt sich für Nachschulungszwecke gut verwenden.
2. Bekanntheit und Nutzen des Einkaufs
Das eine ist die Regeln zu kennen, das andere Sie zu verstehen. Klappern gehört zum Handwerk!
Stellt Euren Anforderern klar den nutzen der Zusammenarbeit dar. Oft braucht es auch erst ein paar praktische Beispiele über eine gelungene Zusammenarbeit mit dem Einkauf und schon läuft es.
3. Bestellvorlagen und Bestellkataloge
Je einfacher der Bestellvorgang ist, desto weniger werden diese mit dem Argument „Das dauert alles so lange, da habe ich keine Zeit für“ umgehen können.
Kataloge können speziell für Kleinstbestellungen zusätzlich auch den Einkauf entlasten und Platz für taktische und strategische Aufgaben freizumachen.
4. E-Procurement
Moderne digitale E-Procurement Systeme, wie z.B. SAP Ariba, ermöglichen eine digitale Optimierung des Einkaufsprozesses. Durch Berechtigungen und Budgetvorgaben können Abteilungen nach den Einkaufsregeln Material beschaffen und zentral erfasste Bestellungen können effizient bearbeitet und optimiert werden.
Was das Maverick Buying angeht, sollten Eure Anforderer sich immer fragen: „Was würde Tom Cruise aka „Maverick“ in meiner Situation jetzt tun?
Und dann gegensätzlich handeln!