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Heureka – ein Hebelworkshop!

Gebt mir einen festen Punkt im All,

und ich werde die Welt aus den Angeln heben.

Archimedes

Ganz so viel wie Archimedes erreicht man mit Hebelworkshops nicht, aber das Ergebnis ist trotzdem sehr ergiebig.

So hatte sich einer unserer Kunden ein weiteres Unternehmen im Maschinenbau hinzugekauft und sich bei den Kosten 1+1=1,5 versprochen. Zwar wurden in der Beschaffung auch Synergien gefunden, aber weit nicht in der erhofften Höhe. In dieser Folge eröffnete die Geschäftsführung dem Leiter Beschaffung, dass er nun entweder die Einsparungen herbeiführen könne oder aber seine Abteilung – die sich nach dem Zukauf fast verdoppelt hatte- mit Einsparung von FTEs zur Vorgabe beizutragen hätte. In dieser eher unentspannten Situation wurden wir zur Unterstützung gerufen.

Zunächst haben wir die Daten durch den Aufbau eines klaren SpendCubes transparent dargestellt. Zwar hatten beide Unternehmen über ihre Ausgaben einigermaßen Übersicht, aber eine Zusammenführung wurde aus Aufwandsgründen gescheut und viele Möglichkeiten waren somit nicht ersichtlich. In unterschiedlichen Hebelworkshops haben wir dann die jeweiligen Einkäufer aus beiden Teilunternehmen strukturiert befragt und Einzelmaßnahmen identifiziert.

Die Basis war folgende Übersicht der wichtigsten Hebel in der Supply-Chain, die aber natürlich jeweils angepasst wurde. AT Kearney hat dies teilweise noch etwas umfangreicher in seinem Purchasing Chessboard dargestellt.

1. Preishebel: Als reine Preishebel gibt es drei wesentliche Möglichkeiten diese anzusetzen:

  • Verhandlung mit Lieferanten: Zunächst stellt sich die Frage: Wurde denn überhaupt mit dem Lieferanten schon verhandelt? (und ja, das kommt häufiger vor als man denkt, dass die Flinte vorzeitig ins Korn geworfen wird im Sinne das „mit diesem Lieferanten ja eh nicht verhandelt werden kann!“)
  • Mengenkonzentration: Wird sehr dezentral beschafft, kann durch Bündelung von Einkaufsvolumina bessere Mengenrabatte ausgehandelt werden.
  • Ausschreibung und Global Sourcing: Schreiben wir Bedarfe aus, nutzen wird den Wettbewerb besser aus und können sie optimale Preise erzielen.

2. Die Kostenstrukturanalyse

  • Total Cost of Ownership (TCO): Schauen wir uns als Einkäufer nur einen Ausschnitt der Kosten an, können wir mögliche Hebel für die Gesamtkosten übersehen. Eine Analyse der Gesamtkosten eines Produkts, inklusive Anschaffung, Betrieb, Wartung und Entsorgung, können daher Einsparpotenziale über den gesamten Lebenszyklus freilegen.
  • Make-or-Buy-Entscheidungen: Oft scheint ein In- oder Outsourcing gesetzt zu sein. Als Einkauf ist es aber auch unsere Aufgabe zu hinterfragen, ob eine Eigen- oder eine Fremdfertigung besser für unser Unternehmen ist.

3. Lieferantenmanagement:

  • Lieferantenentwicklung: Durch die enge Zusammenarbeit mit den wichtigsten Lieferanten, können in Verbesserungsworkshops Prozesse verbessert und dadurch Kostensenkungen realisiert werden.
  • Lieferantenreduzierung: Im Sinne der Mengenkonzentration können durch die Konzentration auf weniger, dafür strategische Lieferanten Synergien und bessere Konditionen erzielt werden.
  • Dual-/Multiple-Sourcing: Beschaffung eines Produktes von mehreren Lieferanten, um Wettbewerb und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Zu berücksichtigen ist hierbei aber natürlich auch, dass Vorteile durch Mengenkonzentration hiervon aufgehoben werden können, es also klar abzuwägen gilt, welche Ziele wie verfolgt werden sollen.

4. Prozesshebel:

  • Lean Procurement: Mit verschiedenen Methoden aus dem Lean Management und anderen Programmen können Prozesse optimiert werden, um Verschwendung zu reduzieren und die Effizienz zu steigern.
  • Digitalisierung und Automatisierung: Optimierte Prozesse werden durch den Einsatz digitaler Tools (z.B. eProcurement, EDI) weiter automatisiert und beschleunigt.
  1. Bedarfsmanagement:
  • Spezifikationsanpassungen: Oft hinterfragt der Einkauf Spezifikationen der Fachabteilung nicht. Mit dem entsprechenden fachlichen Know-How ist eine Prüfung, ob die Spezifikationen von Materialien oder Dienstleistungen angepasst werden können, um kostengünstigere Alternativen zu verwenden, aber zielführend.
  • Standardisierung: Die Vereinheitlichung von Materialien und Komponenten reduziert die Vielfalt und über den Mengenhebel somit zur Senkung der Beschaffungskosten.

6. Innovation und Technologiehebel:

  • Frühzeitige Einbindung von Lieferanten: Lieferanten werden in die Entwicklung neuer Produkte einbezogen, um innovative und kostengünstige Lösungen zu entwickeln.
  • Technologische Upgrades: Nutzung neuer Technologien, um die Effizienz in der Lieferkette zu steigern oder Kosten in der Produktion zu senken.

7. Logistikhebel:

  • Optimierung der Lieferkette: Effizientere Transportwege und -methoden, z.B. durch Konsolidierung von Lieferungen oder die Nutzung von Just-in-Time-Strategien senken die Gesamtbeschaffungskosten
  • Lagerbestandsmanagement: Die Reduktion von Lagerbeständen durch bessere Abstimmung von Bestellmengen und Lieferzeiten wird sich positiv auf den Cash-Flow bzw. andersherum auf die Verfügbarkeit aus. Hierbei müssen diese zwei gegenläufigen Ziele klar abgegrenzt und der beste Mittelweg für das Unternehmen gefunden werden.

Diese Hebel können einzeln oder in Kombination angewendet werden, um das Beschaffungswesen zu optimieren und die Effizienz in der Lieferkette zu steigern. Wichtig ist eine strategische Betrachtung, um die richtigen Maßnahmen für das jeweilige Unternehmen zu identifizieren und umzusetzen.

In den Hebelworkshops mit unseren Kunden war die Herausforderung, die Einkäufer zur ehrlichen und offenen Zusammenarbeit zu bringen. Eine der größten Herausforderung hierbei war, dass sich die ‚Übernommenen‘ teilweise als Verlierer gefühlt haben und die ‚Übernehmenden‘ teilweise als Allwissende aufgetreten sind. Während der Workshops und eines Teambuildings konnten wir bis auf zwei Ausnahmen allen Beteiligten aufzeigen, was auf dem Spiel steht und welchen Ausweg es gibt. Dabei hatten wir es deutlich leichter als ein interner Workshopleiter, der immer einen Beigeschmack der einen oder anderen Seite gehabt hätte, was sich negativ auf das Ergebnis ausgewirkt hätte. So konnten am Ende die Einzelmaßnahmen verfolgt und teilweise über Warengruppen vernetzt werden. Innerhalb der 4- monatigen Laufzeit konnten wir gemeinsam knapp über 12% und in weiteren 3 Monaten nochmal fast 11% einsparen. Die länger laufenden Maßnahmen haben ein Potenzial von weiteren 7%.

Ein weiterer positiver Effekt war, dass in der Beschaffungsabteilung unseres Kunden erkannt wurde, dass strategisch arbeitende Einkäufer deutlich mehr zur langfristigen Kostensenkung und Reduzierung des Lieferausfalls beitragen können. Somit wurde die Abteilung umgebaut und eine Gruppe Tools & Processes eingeführt, welche dann wesentlich gewinnbringender arbeiten konnte.

Was sind Eure Lieblingshebel? Welche Erfahrungen habt ihr hiermit gemacht?

Vielleicht ist ergänzend zu diesem Artikel auch nochmal unser Artikel zu weiteren Einkaufstool inkl. der Kraljic Matrix interessant.

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Als diplomierter Maschinenbauer mit über 15 Jahren Erfahrung im Beschaffungsmanagement berät Daniel vom Einkäufer über Ingenieure bis hin zum CEO. Hierbei kann er auf das Wissen aus verschiedenen Industriezweigen von der Chemie- und Pharmabranche über die Energie- bis hin zu weiteren diversen technischen Branchen zugreifen. Neben dem strategischen Einkauf ist er spezialisiert auf Prozessverbesserungen, das Lieferanten-, Claim- und Vertragsmanagement, sowie Kostenoptimierungen unter anderem durch fortgeschrittene Verhandlungen.

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