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Back to the roots – unsere Nearshoring Checkliste

Back to the roots

Back to the roots - unsere Nearshoring Checkliste

Wasser in der Ferne kann kein Feuer in der Nähe löschen.

… Trotz dessen haben viele Firmen in den letzten Jahren auch technisch komplexe Produkte in China fertigen lassen, weil sie dort vermeintlich billiger waren. Peu a peu schwenken Unternehmen aber nun wieder auf ein Nearshoring um.

So ließ ein Kunde von uns bisher Gussteile in China fertigen. Kürzlich wurden wir dann hinzugezogen, um neue Lieferanten in Europa zu finden, denn die technische Zusammenarbeit ist auf eine geringe örtliche Distanz einfacher als nach Fernost-Asien. Proben oder Anschauungsprodukte lassen sich im Zweifelsfall auch einmal per Kurier übermitteln. Auch ein einheitliches Rechtsverständnis sowie, vorausgesetzt wir bewegen uns im DACH-Raum, die gleiche Sprache ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil für eine funktionierende Zusammenarbeit.

In den letzten drei Jahren wurden bestehende Lieferketten durch die verschiedenen Krisen auf die Probe gestellt und viele haben sich hierbei als nicht belastbar herausgestellt. Die Risikominimierung ist im Einkauf somit wieder in den Fokus gerückt, mit dem Resultat, dass einige Firmen Ihre Supply-Chains auf den Prüfstand stellen und die störanfälligen, komplexen Lieferketten vereinfachen möchten.

Andererseits sehen wir auch, dass auch China nicht mehr das „Low-cost-Country“ ist, was es vor einigen Jahren noch war. China hat in den letzten Jahren ein massives Wirtschaftswachstum hingelegt. So stiegen auch die Kosten, wenn oft auch mit gestiegenem Qualitätsansatz. Was wir heute sehen, ist, speziell wenn wir in die TCO-Betrachtung gehen, dass ein Sourcing in Fernost gar nicht mehr so günstig ist, wie wir denken bzw. wie es mal war. Hinzu kommt nun noch das erhöhte Risiko von Lieferengpässen aufgrund gestörter Lieferketten und sonstiger Ausfälle wie z.B. die damalige strikte Corona-Lockdown-Politik in China oder mögliche Querelen zwischen China und Taiwan bzw. den USA und damit verbundenen Produktions- und Lieferausfällen.

Und zuletzt ist auch das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz nicht zu unterschätzen. Die Umsetzung dessen fällt natürlich umso leichter, je mehr unsere Lieferanten unsere Standards teilen.

Ein proaktiver Ansatz der Verbesserung der Resilienz und Nachhaltigkeit von Lieferketten ist das Nearshoring, also die Analyse von speziell langen Lieferketten und das mögliche Re-sourcing zu einem örtlich näheren Lieferanten. Auch für neue Produkte bietet sich an, sorgfältig zu prüfen, wo diese zukünftig produziert werden sollen.

Die örtliche Nähe bewegt sich hierbei von Produktionen „Vor-der Haustür“ bis hin zu ganz Europa – speziell auch, weil in Ost- und Südeuropa nach wie vor noch günstiger produziert werden kann als in Deutschland.

In der TCO (Total Cost of Ownership) Betrachtung des Nearshorings müssen folgende Themen berücksichtigt werden:

  • Teilepreis

    Im ersten Schritt werden Teilepreise bzw. Stückkosten verglichen und sichergestellt, dass alle möglichen Kosten wie z.B. von einer neuen Produktionsanlage, Werkzeugkosten oder Qualifizierungskosten separat aufgeführt werden. In unserem oben geschilderten Fall bedeutete dies beispielsweise, dass wir ein neues Gusswerkzeug beim neuen Lieferanten benötigten. Diese Kosten müssen entweder als Einmalkosten oder als Umlage über x Jahre hin transparent aufgeschlüsselt werden. Im Idealfall erfragt und bekommt Ihr eine offene Kalkulation von jedem angefragten Bieter, welche dann miteinander verglichen werden kann.

  • Lager- und Lieferkosten
    Wie hoch ist mein derzeitiges Pufferlager, wie weit könnten Zwischenläger reduziert werden aufgrund von schnelleren Lieferzyklen? Die reinen Lieferkosten pro Teil müssen ebenfalls mitberücksichtigt werden. Auch wenn die Seecontainerpreise sich wieder auf einem Vor-Corona-Niveau bewegen, ist abzusehen, dass neue Umweltauflagen Preise auf Sicht wieder verteuern werden und so auch die Lieferkosten im Gesamtvergleich berücksichtigt werden müssen.

  • Qualitäts- und Entwicklungskosten
    Probleme innerhalb des Produktionsprozesses lassen sich oft schneller beheben mit insgesamt weniger Ausschuss, bei näher gelagerten Produktionsstätten. Dies ergibt sich aus oft kleineren Liefermengen bei denen im Wareneingang auftretende Qualitätsprobleme früher auffallen. Hierdurch reduziert sich bei kleineren Lieferlosen dann auch der Ausschuss, weil schneller nachjustiert werden kann. Berechnet daher sowohl Kosten für möglichen Ausschuss aber auch Engineeringkosten, also z.B. Kollegen aus der Entwicklungsabteilung, die regelmäßig zum Lieferanten fliegen, mit ein. Auch kommerzielle Jahresgespräche, die Reisekosten verursachen, lassen sich mit in einer Gesamtkostenbetrachtung berücksichtigen.

  • Lieferfähigkeit
    Wie groß ist das Risiko für Lieferausfälle durch eine nicht-resiliente Lieferkette? Das Risiko von höheren Einkaufspreisen durch mögliche Verknappungen innerhalb gestörter Lieferketten muss in die Kostenbetrachtung mit einbezogen werden.

  • Verlagerungskosten
    Müssen eventuell neue Werkzeuge angeschafft werden? Welche Einmalkosten fallen für eine Verlagerung an?

  • Preisentwicklung am bisherigen und neuen Standort
    Schauen wir in die Zukunft erwarten wir mitunter steigende Preise auch in Fernost. Da eine Nearshoring Strategie immer auch langfristige Betrachtungen berücksichtigen muss, sollte auch diese Überlegung mit einbezogen werden.

  • Risiken fallen weg/werden geringer
    Erstellt eine Risikomatrix und bewertetdie Risiken, welche durch ein Nearshoring wegfallen oder reduziert werden würden. Neben dem Risiko des schon beschriebenen Lieferausfalls können weitere Risiken beispielsweise Reputationsrisiken durch verschärfte Gesetze wie das neue Lieferkettengesetz oder aber negative Auswirkungen von ESG Faktoren bei der Bewertung Eurer Supply Chain sein.

  • Mengenbetrachtung
    Flexibilität in den Mengen – Aufgrund der örtlichen Nähe lassen sich kurzfristige Mengenschwankungen besser abfedern.

Nun wurde entschieden, dass die Produktion aus Fernost verlagert werden soll.

Was sind nun die Schritte auf dem Weg zum neuen Lieferanten, sei es Nearshoring, Offshoring oder Second-Sourcing? Nachfolgend eine kurze Übersicht, alle Details findet ihr in unserem Whitepaper.

  1. Spezifikation klären
    Zunächst muss geklärt werden, ob alle Spezifikationen umfassend zu Verfügung stehen. Darüber hinaus kann eine Verlagerung auch gleichzeitig eine Chance sein ein Produkt zu verbessern, wobei hierbei der der mögliche, zeitliche Versatz durch eine Produktüberarbeitung zu berücksichtigen ist.

  2. Werkzeuge
    Das Thema Werkzeuge wird oft kontrovers diskutiert. Liegt z.B. kein Werkzeugvertrag vor ist die Frage oft, wessen Eigentum die Werkzeuge sind.

    Aber auch in dem Falle, dass Werkzeuge klar Eigentum des Auftraggebers sind, stellt sich die Frage, ob es Sinn macht die Werkzeuge zurückzuholen bzw. zu verlagern.

    Hierbei sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

    • Könnte der neue Lieferant das Werkzeug überhaupt verwenden? Dies ist sehr oft abhängig vom Zustand des Werkzeugs und dem Maschinenpark des neuen Lieferanten. Am besten klärt Ihr das gemeinsam mit dem potenziellen neuen Lieferanten.

    • Wie wird verhindert, dass mögliche Qualitätsprobleme beim neuen Lieferanten auf das alte Werkzeug geschoben werden?

    • Wird das Werkzeug zurückgeholt, ist der Lieferant automatisch über den Wechsel informiert – welche Risiken birgt dieses Vorgehen?

  3. Neue Partner suchen und absichern
    Dieser Schritt kann mit Nr. 2 parallel ablaufen – oft bedingen sich die beiden Schritte.

    Zunächst müssen mögliche Lieferanten identifiziert werden. Neben allgemeinen Lieferantenscouting können auch „alte“ Partner angesprochen werden. Wurden in der Vergangenheit vielleicht Produktionen von Europa nach Fernost verlagert? Im Idealfall hat man sich im Guten und womöglich nur aufgrund eines eventuellen Preisdrucks getrennt und kann hier anknüpfen. Neben einer gewissen Häme, die einem anfänglich entgegenschlagen könnte, gilt oft der Spruch „Alte Liebe rostet nicht!“.

    Ein ehemaliger Lieferant hat den Vorteil, dass man sich kennt und ggf. ist sogar noch Wissen aus der alten Produktion verfügbar. Wichtig ist bei einer Wiederaufnahme einer Kooperation genau zu klären, wie sich beide Seiten die erneute Zusammenarbeit vorstellen.

  4. Alte Lieferanten informieren und Übergang vereinbaren
    Ihr habt einen neuen Lieferanten gefunden, Verträge sind geschlossen, das Projektteam und der Projektplan steht. Vielleicht habt Ihr im Punkt 2 „Werkzeuge“ dazu entschlossen den bisherigen Lieferanten, zugunsten der Liefersicherheit, bisher noch nicht über den Wechsel zu informieren. Dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt.

    Im beruflichen wie im privaten sind Trennungsgespräche sehr unangenehm.

    In jedem Fall ist bei dem Lieferanten-Phase-Out auf folgende Punkte Rücksicht zu nehmen:

    1. Vertragliche Kündigungsfristen
    2. Eigentumsübergang – Werkzeuge, Dokumente, Software etc.
    3. Kommuniziert klar Euren gewünschten Phase-Out Plan
    4. Trennt euch möglichst fair und im Guten – wie oft im Leben wissen wir nicht, wann man sich mal wieder sieht.

  5. Produktion verlagern
    Mit Eurem neuen Lieferanten habt Ihr einen klaren Plan für die Produktionsverlagerung.

    Idealerweise lässt sich die neue Produktion parallel hochfahren, während der alte Lieferant ausgephast wird. Manchmal ist dies aber nicht möglich, da z.B. Werkzeuge oder auch Prüfmittel nicht neu erstellt werden können (oder dies kommerziell nicht sinnvoll ist). In diesem Falle muss mit einer Überbrückungsphase geplant werden. Hier ist es dann auch wichtig vorab entsprechende Lagerbestände aufbauen zu können. Es kann also sogar zu einer Situation kommen, in der der alte Lieferant nochmals zusätzliche Mengen produzieren und liefern muss, bevor die Produktion eingestellt wird. Solche Aspekte müssen im Phase-Out Plan berücksichtigt und auch mit dem alten Lieferanten verhandelt werden.

Und los geht es mit dem neuen Lieferanten!

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah!

Für weitere konkrete Tipps zu einer Produktverlagerung, ladet Euch auch gerne unser Whitepaper herunter oder tretet direkt mit uns in Kontakt.

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Als diplomierter Maschinenbauer mit über 15 Jahren Erfahrung im Beschaffungsmanagement berät Daniel vom Einkäufer über Ingenieure bis hin zum CEO. Hierbei kann er auf das Wissen aus verschiedenen Industriezweigen von der Chemie- und Pharmabranche über die Energie- bis hin zu weiteren diversen technischen Branchen zugreifen. Neben dem strategischen Einkauf ist er spezialisiert auf Prozessverbesserungen, das Lieferanten-, Claim- und Vertragsmanagement, sowie Kostenoptimierungen unter anderem durch fortgeschrittene Verhandlungen.

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