IT-Einkauf: Der unterschätzte Erfolgshebel
In der heutigen, digitalen Welt kann man gar nicht genug betonen, welch wichtige Rolle der IT-Einkauf in den Unternehmen spielen muss. Von der Beschaffung der richtigen Hardware und Software, bis hin zur Verwaltung von IT-Dienstleistungen und Cloud Services oder auch IT-Outsourcing – all das kann nur mit einem strategisch ausgerichteten IT-Einkauf funktionieren.
Du ahnst es jedoch schon, oder kennst es aus deinem Unternehmen selbst: Die Praxis sieht heute leider noch immer ganz anders aus.
In vielen, insbesondere bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, übernimmt immer noch die IT-Abteilung selbst den IT-Einkauf. Bestenfalls wird der Einkauf noch zum Auslösen der offiziellen Bestellung beim Lieferanten mit einbezogen.
Das ist natürlich viel zu spät; der Lieferant hat von der IT mündlich oft schon den Zuschlag erhalten. Eine effektive Preis- bzw. Konditions- oder Vertragsverhandlung ist somit quasi unmöglich.
Um dieses Maverick Buying zu verhindern und nicht weitere Potenziale auf der Strecke zu lassen, muss ein klarer Prozess, sowie die Zuständigkeiten für den IT-Einkauf festgelegt werden.
Beim IT-Einkauf geht es nicht nur ausschließlich um die Beschaffung von IT-Ressourcen, sondern auch um die strategische Planung, Auswahl der richtigen Lieferanten und Partner, sowie die Verhandlung von Verträgen.
Genau bei diesen Punkten muss der Einkauf federführend sein.
Wir möchten dir deshalb mit den nachfolgenden Zeilen gerne ein Konzept mit an die Hand geben, wie du Schritt für Schritt in deinem Unternehmen einen professionellen IT-Einkauf aufbauen und etablieren kannst, sodass die Aufgaben auch an der richtigen Stelle platziert sind.
1. Status Quo aufnehmen:
Bereits heute sind in allen Unternehmen diverse Tools, Dienstleistungen, Lizenzen o.ä. im Einsatz. Jedes auch noch so kleine Unternehmen hat vermutlich zumindest Microsoft-Lizenzen im Einsatz.
Bestenfalls hat die bisher zuständige IT-Abteilung zumindest eine Excel-Übersicht über alle Punkte, Verträge und Leistungen angefertigt, sodass es zumindest eine Basis gibt.
Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, kommt ihr keinesfalls um den einmaligen Aufwand der IST-Aufnahme herum.
Organisiert einen Workshop mit den Ansprechpartnern aus der IT-Abteilung, nehmt alle Informationen gemeinsam auf und bringt diese in einem ersten Schritt in eine tabellarische Ansicht mit allen relevanten Informationen.
Eventuell kann euch auch die Finanzbuchhaltung mit alten Rechnungen sowie Auswertungen zu den Kreditoren und Kostenarten weiterhelfen.
Bitte hinterfragt bereits in dem Workshop gemeinsam mit der IT kritisch das aktuelle Portfolio.
Gibt es z.B. Lizenzen, die aufgrund von Personalwechsel o.ä. reduziert werden können?
Oder wird noch für ein Tool jährlich bezahlt, dass schon längst nicht mehr im Einsatz ist?
Ihr werdet sehen, welch magische Auswirkung die Frage „Benötigen wir überhaupt Lizenz / Tool / Leistung XY noch?“ mit sich bringt.
Alleine diese Frage kann schon wesentliche Kosten vermeiden.
2. Beschaffungsstrategien ableiten und umsetzen
Sobald ihr alle Informationen aufgenommen und vorliegen habt, könnt ihr euch entsprechende Beschaffungsstrategien ausarbeiten.
Welche Leistungen können bei präferierten Lieferanten gebündelt werden, um dadurch Synergien zu schaffen? Bei welchen Leistungen macht es Sinn, nochmal einen Ausschreibungsprozess zu starten?
Mit welchen Lieferanten kann nachverhandelt werden?
Das sind nur wenige von sehr vielen möglichen Fragen, die ihr euch stellen müsst, um eure Strategien auszuarbeiten und abzuleiten.
Nach der Ausarbeitung kommt der entscheidende Schritt: Die Umsetzung!
Der beste Plan und die beste Strategie bringen euch nicht weiter, wenn diese nur auf dem Papier existiert. Setzt euer Konzept in der Praxis um. Geht mit den Lieferanten in die Gespräche, startet den Ausschreibungsprozess. Auch wenn ihr vielleicht noch keine ausgewiesenen IT-Experten oder IT-Einkäufer seid, startet trotzdem euer Vorhaben und ihr werdet sehen, welch schnelle Erfolge und Synergieeffekte ihr trotzdem kurzfristig umsetzen könnt.
3. Zukünftiger Prozess bei neuen Bedarfen oder Änderungen
Erarbeitet euch unbedingt einen fundierten digitalen Prozess, für Neubedarfe oder Veränderungen (Vertragsverlängerungen, Kündigungen usw.), der durch die Fachbereiche zwingend eingehalten werden muss.
Es muss klar geregelt sein, dass der IT-Einkauf immer mit einbezogen werden muss und das “auf Zuruf” oder einer Bedarfsanmeldung über einen Zweizeiler per E-Mail kein Beschaffungsvorgang seitens des Einkaufs gestartet wird.
Es gibt hierfür zahlreiche Tools und Möglichkeiten, die euch hierbei unterstützen können. In der Regel bietet auch euer ERP-System bereits eine Lösung dafür.
4. Vertragsverhandlungen
Die Vertragsverhandlungen nehmen beim IT-Einkauf eine ganz besondere Rolle ein.
Neben den üblichen kommerziellen Themen, gibt es beim IT-Einkauf noch weitere Punkte, wie der Datenschutz oder ein Service-Level-Agreement (SLAs) welche berücksichtigt und verhandelt werden müssen. Bei technischen Details und Leistungsbeschreibungen o.ä. müsst ihr natürlich den Fachbereich und/oder die IT-Abteilung hinzuziehen.
Bei umfangreichen Projekten empfiehlt es sich in jedem Fall auch einen IT-Fachanwalt mit einzuschalten.
Auch wenn man es bei IT-Einkäufen teilweise mit großen Anbietern zu tun hat: Scheut euch nicht in die Offensive zu gehen und auch aktiv Punkte anzusprechen, die für euch unstimmig oder unpassend sind. Auch mit diesen Lieferanten kann man verhandeln!
5. CLM-Tool (Contract Lifecycle Management – Tool)
Eine erste Übersicht z.B. in Excel, die ihr im ersten Schritt bei der Ist-Aufnahme gemacht habt, ist schon wirklich sehr gut und macht euch schon um ein vielfaches besser und transparenter als die Mehrzahl der weiteren KMUs.
Jedoch stößt auch die beste Excel-Tabelle an ihre Grenzen, nicht zu reden von der Frage bei einer Vertragssuche in diversen Schubladen: „Wo ist nur die letzte Seite?“. Die Lösung kann hier ein CLM-Tool sein.
Das CLM-Tool unterstützt den IT-Einkauf: Es erinnert an wichtige Fristen, wie die Kündigung, es unterstützt schon bei der Vertragsverhandlung mit den Lieferanten über eine interaktive Abwicklung und Kommunikation, es wertet Verträge aus und kann Kennzahlen erstellen, es optimiert die zukünftigen Prozesse usw.
Durch den gezielten Einsatz eines CLM-Tools werden die hierfür entstanden Kosten schnell wieder amortisiert.
In der nachfolgenden Grafik könnt ihr alle Phasen des gesamtem CLM-Prozesses einsehen, welches ein CLM-Tool auch abbildet.
6. Abstimmung mit Fachbereichen
Ohne die Expertise der IT-Abteilung oder auch den konkreten Anforderungen aus den Fachbereichen wird natürlich auch der beste IT-Einkäufer scheitern. Deshalb empfehlen wir, regelmäßige Treffen mit der IT oder weiteren notwendigen Fachbereichen durchzuführen, um aktuelle oder auch anstehende Themen zu besprechen, damit alle bestmöglich informiert sind
7. Personelle Ausrichtung
Je nach eurer unternehmerischen Ausrichtung oder den Einkaufsumfang des IT-Einkaufs kann es sinnvoll sein, die eigenen Mitarbeiter weiterzubilden, bereits ausgebildete IT-Einkäufer einzustellen, oder auch auf externe Experten anwendungsspezifisch zurückzugreifen.
Der Vorteil bei externen Experten liegt klar in der schnellen Verfügbarkeit und deren umfangreichen Know-How, welches dem Unternehmen sehr kurzfristig bei den Herausforderungen weiterhelfen kann.
Wenn ihr diese sieben Punkte umgesetzt habt, wird das ein echter Game Changer für das Unternehmen:
Ihr als Einkäufer könnt eure Expertise und Fähigkeiten ausspielen, sodass der Einkauf entsprechend im Unternehmen positioniert ist, die Geschäftsführung und das Controlling wird sich über die neuen Zahlen freuen und die IT-Abteilung ist euch dankbar, da deren Kompetenz und auch Leidenschaft nicht in kaufmännischen Prozessen oder Vertragsverhandlungen mit den Lieferanten liegt.
Ohne jeglichen Zweifel weist der IT-Einkauf eine gewisse Komplexität auf. Doch mit dem richtigen Plan und einer strukturierten Herangehensweise, kannst auch du in deinem Unternehmen einen professionellen IT-Einkauf etablieren.
Durch die Kombination des fachlichen Wissens aus der IT-Abteilung und der Expertise des Einkaufs kann ein erheblicher Mehrwert für den Unternehmenserfolg geleistet werden und die Vorteile der digitalen Transformationen werden voll ausgeschöpft.
Wir unterstützen schon heute eine Vielzahl an kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der digitalen Transformation und dem Aufbau und der Implementierung eines IT-Einkaufs.
In unserem Podcast haben wir uns ausführlich über das Thema des IT-Einkaufs ausgetauscht.
Hört doch gerne mal in unsere Folge 17 herein:
Blog-Übersicht: Expertenwissen und aktuelle Insights für den modernen Einkauf & Supply Chain – Kivanc Karakoc I Sourcing & Consulting
Wir sind schon sehr auf eure Erfahrungen und auch Herausforderungen rund um den IT-Einkauf gespannt und freuen uns auf den Austausch mit euch.