Vertragsmanagement oder Wo ist nur die letzte Seite?

Vertragsmanagement oder Wo ist nur die letzte Seite?

Ordnung ist das halbe Leben – Manche leben in der anderen Hälfte...

Wann hast du das letzte Mal einen Vertrag gesucht? Oder wolltest du wissen, ob die Version, die auf dem Laufwerk abliegt, auch beidseitig unterschrieben wurde? Oder du hast beabsichtigt, den Vertrag zu erneuern und hast die letzte Version in Word gesucht? Mit einem ordentlichen Vertragsmanagement wäre das nicht passiert!

Solltest du all diese Probleme nicht haben und Du eigene Vertragsvorlagen nutzen; herzlichen Glückwunsch, du scheinst deine Verträge in Ordnung zu haben. In diesem Falle ist vielleicht unser Artikel über Verhandlungen nach dem Harvard-Konzept interessanter für dich 😉.

Kommen dir oben genannte Konstellationen aber durchaus bekannt vor, scheint auch bei deinem Unternehmen das Vertragsmanagement nicht optimal zu laufen. 

Nun sollte man ja meinen, Verträge ablegen, das kann ja jeder und auch Vertragsmanagementsoftware gibt es wie Sand am Meer, man muss nur die Richtige finden. 

Und hier nimmt das Unheil dann oft schon seinen Lauf.

So bei einem meiner Kunden geschehen:

Zugegebenermaßen ist dieses Projekt schon etwas her und in der prä-Corona-Zeit zu verorten. 

Mein Kunde aus der Chemiebranche hatte, wie die meisten Unternehmen, eine Vielzahl von Lieferanten und entsprechend auch viele unterschiedliche Rahmenverträge, Jahresverträge, Einzelvereinbarungen und Projektverträge. Die Betonung liegt hierbei auf „viele unterschiedliche“ – eines der festgestellten Probleme lag nämlich in der Uneinheitlichkeit der Verträge. Oder anders ausgedrückt: Muss ich wirklich den kompletten Vertrag lesen, um das Zahlungsziel herauszufinden? Aber dazu später mehr.

Aufgrund des fehlenden Vertragsmanagement, gehörte Suchen damit dort zum Einkäufertagesgeschäft:

Zwar können Suchen, z.B. in Form von Schatzsuchen auf Kindergeburtstagen ja zu einer gewissen Erheiterung beitragen – in diesem Falle führten die Suchen aber nur zu frustrierten Mitarbeitern (und auch ein Partyhut hätte hierbei nicht mehr positiver gestimmt).

Die Lösung des Problems – oder nicht?!

Um das Problem zu lösen, wurde dann eine „Vertragsmanagementsoftware“ eingeführt – ok, sind wir ehrlich, es war eine mehr oder weniger strukturierte Ablage. Verträge wurden gescannt und in der Software abgelegt. Dies wäre ein Schritt in die richtige Richtung gewesen, hätte der Scanner nicht wohl noch einen Kater von der Party-Schatzsuche gehabt und einfach nur Teile von Verträgen eingescannt. 

So aber fehlten Seiten vorne, in der Mitte, am Ende…. Und die Sucherei ging wieder von vorne los.

Wurde ein Vertrag benötigt, konnten die Einkäufer nun also im Vertragsmanagementsystem nachschauen… und dann in „dem Zimmer“, im Archiv, oder auf dem Schreibtisch der Kollegen nach den fehlenden Seiten oder benötigten Zusatzinformationen Ausschau halten. 

Die Verschlimmbesserung in Reinform.

So ging es dann richtig mit einem Vertragsmanagement

Grundsätzlich müssen wir uns einmal den groben Lebenszyklus eines Vertrages, im Sinne des Contract Lifecycle Managements, anschauen:

Contract Lifecycle

Abbildung 1: Contract Lifecycle

1. Erstellung von Templates

Ausgehend hiervon war unser erster Schritt hin zu einem guten Vertragsmanagement mit dem Kunden zusammen die Erstellung von Standardverträgen bzw. Vertragstemplates. Diese haben den Vorteil, dass der strukturierte Aufbau Zeit spart, wenn man später z.B. nach den vereinbarten Zahlungsbedingungen schauen möchte. Zusätzlich unterstützt ein eigenes Vertragstemplate in der Verhandlung des Vertrages deutlich besser dabei, seine eigenen Inhalte umzusetzen im Sinne der Verhandlungstaktik des Anchoring

So wurden mit Juristen zusammen Vorlagen für verschiede Vertragstypen erarbeitet, wie z.B.

Alternativ kann auch nur eine Basis für unterschiedliche Vertragstypen geschaffen werden und die individuellen Klauseln werden dann je nach Vertragstyp aus einem „Katalog“ ausgewählt. Auch so entsteht ein individualisierter Vertrag auf Basis nur eines Standardvertrages. 

Im Weiteren haben wir für verschiedene Klauseln Alternativen bzw. „Fallbacklösungen“ erarbeitet, welche die Einkäufer ohne die weitere Rücksprache mit der Rechtsabteilung in der Verhandlung als Option anbieten konnten. So hatte Legal mehr Zeit für andere wichtige Themen, die ansonsten liegen geblieben wären und der Abschluss von Verträgen wurde beschleunigt. 

2. Toolauswahl

Im zweiten Schritt haben wir eine geeignete Software ausgewählt, welche das komplette Vertragsmanagement, unterstützt.

Ist das richtige Tool gefunden, ist es wichtig, dass Prozesse korrekt implementiert werden und nicht nur online, sondern auch offline funktionieren. 

Beispielsweise versendete der damalige Kunde den Papiervertrag immer per Post. Mit der Pandemie war dies mit Homeoffice und co. oft nicht mehr möglich, so dass Tools, die elektronische Signaturen ermöglichten, auf einmal Gold wert waren. Wichtig ist hierbei, dass für alle Mitarbeiter der Weg des Vertrages ganz klar ist, so dass alle Schritte auch wirklich eingehalten werden. Hierbei unterstützt ein System, welches keine Medienbrüche aufweist.

3. Definition des Status-Quo

Nachdem nun klar war, wie in Zukunft die Arbeit erledigt wird, kam die unleidliche Aufgabe des Sortierens. 

Um sich eine Übersicht zu schaffen bei den Verträgen, die es schon gab, mussten somit sehr viele Dokumente nochmals eingescannt werden. Die Werkstudenten und Azubis dieser Welt kennen das befriedigende Gefühl, wenn am Ende des Tages nur noch 10 Kisten Dokumente anstatt 15 zum Einscannen am nächsten Tag bereit stehen 😊

Im gleichen Zuge haben wir verschiedene Dokumente und Versionen verglichen bzw. haben definiert, was noch einzuscannen ist und was besser neu erarbeitet wird. So wurde der Großteil der Verträge, welche älter als 5 Jahre waren, nicht mehr eingescannt, sondern mit dem Lieferanten direkt neu verhandelt.

Musste dies vor 5 Jahren noch händisch erledigt werden, gibt es hierzu heute schon den Einsatz von KI-gesteuerten Lösungen, welche Dokumente automatisiert miteinander vergleichen und die wichtigsten Daten auslesen (z.B. über DocuSign)

Zusammengefasst lässt sich ein gutes Vertragsmanagement mit den drei Punkten beschreiben:

Und Tadaa – jetzt findet ihr schnell alle nötigen Verträge und Informationen, die ihr für Eure Tätigkeit braucht 😊.

Wie läuft bei Euch das Vertragsmanagement? Wo liegen Eure Herausforderungen?

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Als diplomierter Maschinenbauer mit über 15 Jahren Erfahrung im Beschaffungsmanagement berät Daniel vom Einkäufer über Ingenieure bis hin zum CEO. Hierbei kann er auf das Wissen aus verschiedenen Industriezweigen von der Chemie- und Pharmabranche über die Energie- bis hin zu weiteren diversen technischen Branchen zugreifen. Neben dem strategischen Einkauf ist er spezialisiert auf Prozessverbesserungen, das Lieferanten-, Claim- und Vertragsmanagement, sowie Kostenoptimierungen unter anderem durch fortgeschrittene Verhandlungen.

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