Die Grundlagen des strategischen Einkaufs; eigentlich trivial, aber doch gehen die wichtigen Dinge unter den vielen tagtäglichen Aufgaben oft unter. Wann habt ihr Eure Organisation das letzte Mal auf die Grundlagen des strategischen Einkaufs hin überprüft?
Es ist faszinierend, wie der menschliche Geist funktioniert und wie schnell Dinge auch wieder vergessen sind, wenn man Sie nicht regelmäßig benutzt.
Funfact (zum Vergessen oder Merken in der Schublade „hab‘ ich irgendwo mal gehört“) – dieses Vergessen wird von der ebbinghausschen Vergessenskurve beschrieben. Hiernach hängt die Geschwindigkeit, mit der wir etwas vergessen, von der Art des Gelernten ab. Nach 30 Tagen beträgt die Vergessensrate zum Beispiel bei Prinzipien und Gesetzmäßigkeiten etwa 5 Prozent. Texte in Reimform werden etwas langsamer vergessen als Prosa. Insgesamt gibt es jedoch keinen Wissenstyp, der nicht vergessen werden kann. Gelerntes muss also regelmäßig wiederholt werden, um es im Gedächtnis zu behalten.
So wird unser Handwerkszeug gerne mal unter Reklamationen, Materialengpässen und den allgemeinen fachlichen Wehwehchen der Kollegen begraben.
Es ist also “Time to remember, cause it will not last forever“: Lasst uns gemeinsam unsere Hirnwindungen durchforsten nach den Grundaufgaben des strategischen Einkaufs.
Was sind die Aufgaben des strategischen Einkaufs?
Generell verknüpft der Einkauf die internen Unternehmensbedürfnisse mit den Leistungen externer Player. Wir sind damit eine klassische Schnittstellenfunktion.
Das heißt, wir müssen uns einerseits mit den Gegebenheiten innerhalb des Unternehmens, andererseits mit dem Markt um uns herum befassen und die Nachfrage mit dem Angebot zusammenbringen.
So gliedern sich unsere Aufgaben in interne Aufgaben, wie die Organisation der Abteilung und der Prozesse. Die Analyse unseres Beschaffungsportfolios und unserer Lieferantenstruktur sowie die Definition von Zielkoordinaten ist die eine Aufgabe.
Auf der anderen Seite der Gleichung steht der Markt mit seiner Dynamik und seinen Lieferanten und deren Kompetenzen.
Über unsere Methoden und allgemeine Beschaffungshebel ist unsere Aufgabe im strategischen Einkauf diese beiden Dimensionen bestmöglich miteinander zu verbinden.
Schauen wir uns die Vielfalt an Aufgaben im strategischen Einkauf einmal an:
Und, welche Themen hast du davon regelmäßig auf dem Schirm bzw. welche Themen sind in der Einkaufsorganisation implementiert?
Wir meinen, es lohnt sich immer wieder sich selbst auf die Probe zu stellen, daher im Folgenden:
3 Themen für das nächste Strategiemeeting
Wie steht es konkret mit den folgenden 3 Themen, wann habt ihr Euch hiermit das letzte Mal hiermit beschäftigt?
1. Zieldefinition
Habt ihr KPIs definiert anhand dessen sich der strategische Einkauf messen lässt? Wenn ja, nach welchen Zielen sind diese KPIs ausgerichtet? Sind Sie zielführend, oder sind bestehende KPIs eigentlich nur dafür da einmal im Monat eine Exceltabelle auszuwerten, die Zahlen dann einem Gremium zu präsentieren, wonach keine weiteren Aktionen erfolgen und das in monatlicher Wiederkehr?
Und damit ihr Euch das 1×1 der Zieldefinition besser merken könnt (siehe oben) in Reimform 😉:
In Zielen liegt der Anfang, das Streben so klar,
Doch KPIs sind nötig, messen ganz wunderbar.
Definiert und konkret, die Vorhaben im Blick,
Mit KPIs als Kompass, erreichten wir das Ziel mit Geschick.
Jetzt geht es professionell weiter….
Die Ziele im Einkauf richten sich im Wesentlichen nach dem Zieldreieck Preis, Zeit, Qualität unter Berücksichtigung des Risikos.
Darüber hinaus müssen Ziele aber auch immer so gesetzt sein, dass sie anderen Zielen nicht gegenläufig sind. Klassiker für den Einkauf z.B. es werden nur Einsparungen gemessen ohne Rücksicht auf das Risiko. Oder wie oft schon speziell im indirekten Einkauf gesehen, es werden nur Materialkostenveränderungen gemessen aber nicht die Einsparungen durch Verhandlung bei Erstprojekten (weil das meist das Controlling weniger interessiert und somit nicht von der Geschäftsführung abgefragt wird).
Empfehlenswert ist daher folgende Aufteilung von Einsparungen:
- Der Einkaufserfolg
Der Einkaufserfolg beschreibt die Einsparungen, welche sich in der Bilanz widerspiegeln, also Materialkosteneinsparungen bzw. Reduktion von Dienstleistungspreisen. Seit den Geschehnissen der letzten zwei Jahre eher ein selten gesehenes Phänomen.
- Die Einkaufsleistung
Hier spiegelt sich das wider, was der Einkauf jeden Tag leistet. Hier fallen folgende Kategorien drunter:
- Ausschreibung und Verhandlung von Neuprojekten
- Abwehr oder Reduktion von Preiserhöhungen
- Prozesskosteneinsparungen
Und diese Kennzahlen sollten auf keinen Fall in KPIs Präsentationen fehlen, denn diese Leistungen sind ein nicht unwesentlicher Teil speziell des strategischen Einkaufs.
Neben den Einsparungen gibt es natürlich noch mehr empfehlenswerte KPIs und Ziele für den Einkauf, das würde aber den Rahmen dieses Artikels sprengen. Wenn ihr das mehr Interesse dran habt, lasst uns das gerne in den Kommentaren oder persönlich diskutieren.
Welche sonstigen Kennzahlen oder Kennzahlsystem habt ihr im Einkauf etabliert? Funktioniert das, oder würdet ihr gerne etwas verbessern?
2. Lieferantenscouting
Nach welcher Methodik erfolgt bei Euch die Auswahl von Lieferanten?
Von „welche Lieferantenauswahl, wir posten das auf den öffentlichen Ausschreibungsportalen und dann melden Sie sich schon „ oder “unsere Lieferanten sind gut. Wir brauchen keine weiteren” bis hin zu einer ausgefeilten Marktanalyse mithilfe von Lieferantenportalen oder sogar KI-Einsatz haben wir da schon sehr viel im strategischen Einkauf gesehen.
Was aber ist wichtig bei dem Thema Lieferantenauswahl?
Neben vielen anderen wichtigen Themen möchte ich auf das Thema Stichprobenverzerrung eingehen. Was vielleicht aus der Marktforschung hinlänglich bekannt ist, kann auch im Einkauf passieren, wenn wir nicht aufpassen, wie wir unsere Lieferanten auswählen.
Im oben gezeigten Diagramm sehen wir einen möglichen Markt für ein Produkt oder eine Dienstleistung, der zunächst einmal intransparent ist.
Nun erstellen wir eine Bid-List, welche Lieferanten wir in die Ausschreibung mit hineinnehmen möchten. Dabei ist es nun wichtig den Markt so vollständig wie möglich zu sondieren, da wir ansonsten nur scheinbar das beste Preis-Leistungsverhältnis ermitteln. Das eigentlich beste Angebot (rot umrandet) aber übersehen wir, weil wir im Marketing den sogenannten „Stichprobenauswahlfehler“ gemacht haben (oranger Bereich).
Das heißt, speziell für große Projekte ist es wichtig eine gute Marktanalyse von möglichen Lieferanten durchzuführen und wir sehen hier auch immer wieder, wie unterschiedlich da Fachabteilungen und der Einkauf tickt -also Zeit, um unsere Expertise hier einzubringen und Mehrwert zu schaffen.
3. Vertragsmanagement
Eine wesentliche Aufgabe des strategischen Einkaufs ist die Erstellung und Verwaltung und in vielen Fällen auch das Suchen der Verträge des Unternehmens mit Ihren Lieferanten und Dienstleistern.
In der Theorie ist das auch ein „No-Brainer“, was die Verwaltung angeht (die Erstellung und die Verhandlung sind natürlich meist eine entsprechende Herausforderung). In der Praxis stellen wir aber immer wieder fest, dass auch eine vernünftige Vertragsverwaltung gar nicht so ohne ist und doch den ein oder anderen Gedanken beanspruchen sollte.
Einige dieser Gedanken haben wir uns vor kurzen schon mal für Euch gemacht: Vertragsmanagement, oder wo ist nur die letzte Seite?
Welche Themen habt ihr im Moment auf Eurer Agenda im strategischen Einkauf und der Beschaffung? Was würde Euch in Form eines Artikels von unserer Seite interessieren?